Meteorologische Negativschlagzeilen über Extremwetterereignisse, wie Hitzewellen und Dürreperioden, Starkregen und Überschwemmungen bis hin zu vernichtenden Stürmen bestimmen seit dem letzten Jahrzehnt in zunehmender Weise die Berichterstattung der Medien und demonstrieren der Weltöffentlichkeit mit Bildern zerstörerischer Dimensionen ein globales Klimasystem, das sich abseits der sonst für die Jahreszeiten üblichen Normalbedingungen bewegt. Diese unübersehbaren Symptome einer folgenschweren Klimakrankheit unseres Planeten werden von den Forschern mit Begriffen wie Klimawandel und Treibhauseffekt zu erklären versucht - immer verbunden mit der Hoffnung möglichst viele Menschen bezüglich des Ursachen- und Folgenkatalogs zu einem Umdenken ihres Lebensstils zu bewegen. Dabei nehmen die Indizien einer globalen Erwärmung nach einer detaillierten Analyse des Temperaturverlaufs und der Niederschlagsintensität innerhalb der letzten 1000 Jahre bedrohliche Ausmaße an: Seit 1890 ist die mitteleuropäische Durchschnittstemperatur um 1 °C angestiegen und lässt die Gletscherzungen in den Hochgebirgen schrumpfen. Hinzu kommt eine Zunahme von extremen Wetterlagen, denen der Mensch machtlos entgegensehen muss. Das Elbehochwasser im Jahr 2002 und der Rekordsommer 2003 haben der deutschen Bevölkerung demonstriert, dass die Klimaveränderung keine Grenzen kennt und sich nicht nur auf Entwicklungsländer beschränkt. Bleibt die Frage, inwiefern sich der Klimawandel abseits von Naturkatastrophen äußert. Um dies für die Region Ostthüringen zu erforschen, wurde die Privatwetterstation Gera-Tinz gegründet, deren Messwerte auf dieser Seite näher unter die Lupe genommen werden sollen.
Um die monatlich vom Deutschen Wetterdienst (DWD) veröffentlichten Abweichungen von der 30-jährigen Referenzperiode (1961-1990) bestätigen zu können oder regionale Tendenzen sichtbar werden zu lassen, ist eine regelmäßige und über viele Jahre erstellte, lückenlose Datenbasis, welche unter gleichbleibenden Bedingungen aufgenommen wurde, Grundvoraussetzung. Deshalb schenkte ich der Frage nach dem Standort der Platzierung der Thermo- und Hydrosensoren vor Beginn der Messungen am 01. Oktober 2001 höchste Priorität. Um den internationalen Regeln der Temperaturmessung größtmöglich gerecht zu werden, kommt eine weißlackierte Wetterhütte mit Lamellenwänden zum Einsatz, welche zwei Meter über dem natürlich bewachsenen Erdboden auf einem Holzpodest mit einem Entfernungsradius von über 5 m zu angrenzenden Gebäuden befestigt wurde.
Durchführung der Messung vom 01.10.2001 bis 31.12.2003:
batteriebetriebene Wetterstation
Thermosensor in Wetterhütte, Basisstation im Wohnhaus
tägliche Temperaturmessung um 7, 14 und 21 Uhr (Mannheimer Stunden)
tägliche Luftdruckmessung durch Barometer um 14 Uhr
tägliche Messung der Niederschlagssumme durch skalierten Messzylinder
Bestimmung der Schneehöhe durch weißlackierten Schneehöhenmesser
Beobachtung der Phänologie ausgewählter Pflanzen im Garten
Um die Messwerte zu dokumentieren, habe ich ein speziell den Anforderungen der Messparameter gerecht werdendes Wetterformular entworfen, in die die Werte für einen Zeitraum von jeweils drei Monaten handschriftlich eingetragen wurden.
Durchführung der Messung vom 01.01.2004 bis 30.09.2012:
dreiteilige, mit Netzstrom betriebene Wetterstation
Thermo-Hygro-Sensor in der Wetterhütte
Regenmesser (Hydrometer) mit Kipplöffel in 1 Meter Höhe
Anemometer für Windrichtung und -geschwindigkeit in 6 Meter Höhe
Basisstation im Wohnhaus, die alle 8 Sekunden Messwerte empfängt
Ermittlung der täglichen Minimal- und Maximalwerte
Verbindung der Basisstation mit PC
Software zeichnet alle 30 Minuten alle verfügbaren Messwerte auf
batteriebetriebene, ehemalige Station misst Temperatur in 1 m Höhe
Bestimmung der Schneehöhe durch Schneehöhenmesser
Dokumentation der Messwerte in Wetterkarten bis Ende 2005
Beobachtung der zirkadianen Phänologie ausgewählter Zeigerpflanzen
Durchführung der Messung seit 01.10.2012:
erweiterte statistische Auswertung mit der Software WsWin
Belüftung der Wetterhütte mit Solarventilator
Aufgrund der Zwischenspeicherung der Daten in der Basisstation entfällt das zeitgebundene Ablesen von Messwerten. Pro Tag werden 48 Datensätze aller Messsensoren ermittelt und am Ende jedes Monats ausgewertet.
Seit Aufnahme des Messbetriebs im Oktober 2001 ist der Gesamtdatensatz inzwischen auf über 2 500 000 Messwerte angewachsen. Ein riesiger Zahlenpool, der einerseits für die graphische Darstellung in Monats- und Jahresdiagrammen und andererseits zur Ermittlung der Durchschnitts- sowie Minimal- und Maximalwerte Verwendung findet.
Während bis Dezember 2005 die monatlichen Temperatur- und Niederschlagsdiagramme getrennt erstellt wurden, habe ich seit Januar 2006 ein neues Darstellungsformat entworfen, welches die Temperatur- und Niederschlagsentwicklung vereint. Darin wird die Tagestemperaturentwicklung im 2-Stunden-Takt (12 Werte) erfasst und mit dem Niederschlagsverhalten gegenübergestellt. Allen Diagrammen ist gemeinsam, dass sie neben der graphischen Darstellung auch Hinweise zu Höchst- und Tiefsttemperaturen, Amplituden, Abweichungen von Normalwerten und Bemerkungen über besondere Witterungsabschnitte innerhalb des dargestellten Messzeitraums vereinen. Seit Oktober 2012 steht Ihnen ein neues Diagrammformat mit zusätzlichen Grafiken zur Luftdruck- und Windrichtungsentwicklung sowie einer Tabelle meteorologischer Kenntage zur Verfügung.
Die folgenden Diagramme der Wetterstation Gera-Tinz sind zum Download als PDF-Dateien hinterlegt:
Um die Aussagekraft der errechneten Monatsmittelwerte bezüglich der Ableitung regionaler Tendenzen zu erhöhen, passte ich die Temperaturmittelwerte der Höhenlage der Station von 218 m über NN an und übernahm die Normalniederschlagswerte von der vier Kilometer Luftlinie entfernten Nachbarwetterstation Gera-Leumnitz.
Normalwert
Lufttemperatur
Niederschlag
Januar
- 0,9 °C
40 l/m²
Februar
0,0 °C
34 l/m²
März
3,5 °C
45 l/m²
April
7,8 °C
56 l/m²
Mai
12,7 °C
66 l/m²
Juni
16,1 °C
74 l/m²
Juli
17,6 °C
61 l/m²
August
17,3 °C
76 l/m²
September
14,0 °C
48 l/m²
Oktober
9,2 °C
38 l/m²
November
4,0 °C
43 l/m²
Dezember
0,7 °C
47 l/m²
Jahr
8,5 °C
628 l/m²
Die meteorologische Faustregel "Wetter ist nicht gleich Klima" sagt aus, dass die Tragweite meiner Ergebnisse mit wachsender Länge des Messzeitraums zunimmt und das Eintreffen eines einzelnen Extremwetterereignisses kein Beweis für eine langfristige Klimaveränderung sein kann. Dennoch zeigt sich, dass die geglättete Anomaliekurve der Lufttemperatur in den vergangenen Jahrzehnten über dem Normalniveau lag und auf ein längerfristiges und überregionales Phänomen deutet. In diesen Trend lassen sich meine ermittelten Messwerte problemlos einfügen. Wir befinden uns demnach mittendrin im schleichenden Prozess der globalen Erwärmung. Allein in den vergangenen fünf Jahren stieg die Gesamtabweichung der Lufttemperatur vom langjährigen Mittelwert (Referenzperiode 1961-1990) von 0,93 K auf 1,16 K!
Einzelbetrachtung der Entwicklung der Lufttemperatur:
Nach Untersuchung der Entwicklung der Lufttemperatur als aussagekräftigster Parameter ergeben sich unter Betrachtung des Gesamtmesszeitraumes folgende Ergebnisse (Referenzperiode 1961-1990; Stand Januar 2017):
137 von 183 untersuchten Monaten fielen zu warm aus (75 %)
46 von 183 untersuchten Monaten fielen zu kalt aus (25 %)
Gesamtwärmeüberschuss im Vergleich zum Normalwert: 1,16 °C
Das folgende Diagramm gibt einen Überblick über die Verteilung der Tagesmitteltemperaturen von Oktober 2001 bis Dezember 2016 und listet eine Anzahl der meteorologischen Kenntage bis 2016 auf:
Vor allem die Jahre 2006-2008, 2011, 2014 und 2015 waren von einem hohen Wärmeüberschuss ( > 1,2 K) geprägt. 2010 allerdings war mit einer Mitteltemperatur von nur 8,11 °C das kälteste Jahr seit 1996 und stellt daher nach dem wärmsten Jahrzehnt (2000-2009) seit Beginn der Wetteraufzeichnungen eine Ausnahme dar. Insgesamt fielen 2010 sechs der zwölf Monate zu kalt aus. Das Jahr 2014 stellte einen neuen Wärmerekord auf: 11 von 12 Monaten fielen zu warm aus und die Jahresmitteltemperatur erreichte 10,87 °C!
2002: + 1,20 °C
2003: + 0,13 °C
2004: + 0,86 °C
2005: + 1,03 °C
2006: + 1,29 °C
2007: + 1,68 °C
2008: + 1,41 °C
2009: + 1,05 °C
2010: - 0,39 °C
2011: + 1,57 °C
2012: + 1,16 °C
2013: + 0,65 °C
2014: + 2,32 °C
2015: + 2,11 °C
2016: + 1,37 °C
Mit einer Monatsdurchschnittstemperatur von 22,99 °C und der daraus folgenden Abweichung von + 5,39 K war der Juli 2006 nicht nur in Gera-Tinz, sondern beinahe deutschlandweit der bisher wärmste Monat seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.
Nach statistischer Auswertung ist der Januar der Monat mit der größten positiven oder negativen Abweichung vom langjährigen Mittelwert, während die Monatsmittel von Mai und Juni um < 4 K um den Sollwert streuen.
Einzelbetrachtung der Entwicklung des Niederschlagverhaltens:
Nach Untersuchung des Niederschlagsverhaltens ergab sich für einen Messzeitraum von 180 Monaten folgendes Ergebnis (Referenzperiode 1961-1990; Stand Januar 2017):
107 von 183 untersuchten Monaten fielen zu trocken aus (59 %)
76 von 183 untersuchten Monaten fielen zu feucht aus (41 %)
prozentuale Abweichung der Niederschlagssumme von Oktober 2001 bis Dezember 2016: - 6,7%
Frühjahrsmonate März und April sowie der Sommermonat Juni zeigten die stärkste negative Abweichung der monatlichen Niederschlagssumme
2010 war mit 771,8 l/m² (+ 143,8 l/m²) das regenreichste Jahr im letzten Jahrzehnt
2003 war mit 454,5 l/m² (- 173,5 l/m²) das regenärmste Jahr im letzten Jahrzehnt
Mit Ausnahme von 2002, 2007 und 2010 fielen bisher alle Jahre zu trocken aus. 2003 fielen nur 72% und 2011 nur 75% der zu erwartenden Jahresniederschläge. Die längste Trockenperiode umfasste 32 Tage und trat im Zeitraum vom 31.10.2011 bis 01.12.2011 auf. Vor allem während der Wachstumsperiode der Vegetation im Frühjahr und Sommer sind immer mehr Pflanzen auf künstliche Bewässerung angewiesen, um Ernteausfälle zu kompensieren. Grund für den tendenziellen Rückgang der Niederschläge in Ostthüringen ist die Leelage, da bei Süd- bis Westwetterlagen ein Teil der Niederschläge als Stauniederschläge an Harz, Thüringer Wald und Erzgebirge fallen.
Angesichts der komplexen Dynamik der Atmosphäre der Erde, der trägen Reaktionszeit des Gesamtklimasystems und der Mischung natürlicher und anthropogener (= vom Menschen verursachter) Faktoren, sind die Klimamodelle immer mit Unsicherheitsfaktoren behaftet, selbst wenn man die unterschiedliche ökonomische Entwicklung der Weltbevölkerung und Weltwirtschaft berücksichtigt. Unter Anlehnung an die Modellvorhersagen der großen Klimainstitute halte ich unter Einbeziehung meiner bisherigen Werte folgendes Szenario für Ostthüringen für wahrscheinlich:
bis 2050 wird sich die Jahresmitteltemperatur um weitere 1,2 bis 2,5 K erhöhen
vor allem die Sommer und Winter werden wärmer ausfallen als bisher
in den Übergangsjahreszeiten fällt die Erwärmung schwächer aus
Trend zur Trockenheit im Frühjahr und Sommer setzt sich fort
hingegen leichte Niederschlagszunahme im Herbst und Winter
Gesamtniederschlagssumme im Jahr weiterhin leicht rückläufig
extreme Wetterereignisse (Stürme, Starkregen, Dürre) werden häufiger
Anzahl der Sommer- und Hitzetage nimmt zu
Wahrscheinlichkeit für Frost- und Eistage nimmt kontinuierlich ab
Das gesamte Klimamodell steht Ihnen in zwei PDF-Dateien zur Verfügung:
Ein langfristiger Anstieg des Temperaturniveaus und Niederschlagsdefizite sind eine Herausforderung für das Geosystem Biosphäre-Klima, der viele heimische Tier- und Pflanzenarten nicht gewachsen sind. In ihrer Vitalkraft geschwächt, sind schon heute einige Baumarten starkem Schädlingsbefall ausgesetzt. Hinzukommend fördert der Klimawandel die Einwanderung von Arten aus dem Mittelmeerraum, wodurch sich das ökologische Gleichgewicht in Gefahr sieht.
Als informative Zusammenfassung über mein Forschungsthema "Kippt das Klima? - Auswertung meteorologischer Messdaten in Ostthüringen" empfehle ich Ihnen meine Facharbeit und ein Handout zum Thema, welches im Rahmen des Nachwuchswettbewerbes "Jugend forscht" 2007 erstellt wurde:
Angesichts der unübersehbaren Indizien für eine weltweite Veränderung des Klimas und einer zunehmenden Dynamik des Klimakreislaufes ist jeder Einzelne von uns, aber auch die im Entstehen begriffene Weltgesellschaft moralisch verpflichtet, in Fragen der unausweichlichen Reduzierung der Treibhausgase, dem nachhaltigen Ressourcenverbrauch und der technischen und ökologischen Erneuerung sinnvoll zu investieren, um die ausufernden Folgen zu begrenzen.
Neben der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder des Fahrrads innerhalb der Stadt, der Anschaffung von energieeffizienten Haushaltsgeräten und einer Vermeidung der Überheizung von Räumen in den Wintermonaten, bietet die Branche der erneuerbaren Energien zukunftsfähige Möglichkeiten Strom sauber zu erzeugen.
Auch wir haben diesen vorbildhaften Schritt getan und am Standort der Wetterstation in Gera-Tinz eine Solaranlage mit einer maximalen Leistung von 5,1 kW installieren lassen. Seit dem 25.07.2008 speisen wir je nach Intensität der Sonneneinstrahlung Strom in das öffentliche Netz ein.
Sollten Sie Fragen zur Planung bzw. Installation oder Rentabilität einer solchen Anlage haben, können Sie sich an uns wenden. Unter der E-Mail-Adresse alexander_joerk@web.de stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.